Spielzeit:
12026 Minuten
Hand aufs Herz: Hat schon einmal jemand von The Last Remnant gehört? Weder ich, noch andere eingefleischte Square Enix Fans in meinem Bekantenkreis haben jemals von diesem Spiel gehört. Ich selbst hab es nur durch Zufall auf Steam gefunden und war gespannt was mich erwartet.
Bei der Steam-Version handelt es sich um einen X-Box-Port. Ja, obwohl das Spiel von Square Enix ist, erschien es nicht für die PS und war sogar erstmal X-Box-Exklusiv. Mit einigen spielerischen Änderungen lässt sich der Port gut spielen. Hier und da gibt es immer wieder noch einige Laggs und Frameeinbrüche (die wohl nicht mehr behoben werden), aber im Großen und Ganzen lässt es sich gut spielen.
Optisch hat das Spiel natürlich einige Jahre hinter sich. Erwartet nun also keine Grafikbombe. Allerdings ist es mit der Grafik gut gealtert. Die Charaktere, die Angriffe, die Waffen, die Umgebungen und einfach alles sieht sehr schön aus. Allgemein muss man sagen, dass The Last Remnant optisch ein sehr schönes Spiel ist. Ich habe sehr gern in manchen Gegenden in die Ferne geschaut und es einfach auf mich wirken lassen. Optisch also ein wirklich gutes Spiel.
Soundtechnisch haben wir hier ein absolutes Meisterwerk. Ihr wolltet in Spielen wie Final Fantasy oder Dragon Quest etwas mehr Pep? Hier bekommt ihr es. Der Komponist von dem Spiel ist übrigens der von der der Band The Black Mages (Final-Fantasy- und Metal-Fans wissen Bescheid). Gerade die Kampfmusik ist eine Wucht und lässt die rundenbasierenden Kämpfe sehr actionlastig wirken. In den Städten und den Maps selbst ist die Musik natürlich etwas ruhiger, aber dennoch sehr passend. Musikalisch haben wir mit The Last Remnant also wahrscheinlich eines der besten Spielesoundtracks die es jemals gab.
Leider sind die Optik und der Sound das einzige, dass ich uneingeschränkt loben kann.
Die Story wird sehr merkwürdig erzählt. Mal denkt man "oh, jetzt kommt noch mehr Tiefe" und dann wird es sofort ganz schnell. Es gibt hier und da wirklich gute Stellen, aber meistens dümpelt die Story nur vor sich hin und oft wird nur sehr zusammenhanglos erklärt warum man jetzt das tut was man tut. Man spart hier zwar mit typischen JRPG-Klishees, aber vielleicht hätten die der Story ganz gut getan. Man hätte hier wirklich etwas Tolles schaffen können, wenn man nur etwas mehr Tiefe eingebaut hätte. Schade um das verschenkte Potenzial.
Allgemein fehlt es dem Spiel sehr stark an Tiefe. Hier bei Steam werden in der Beschreibung als erstes die vier Völker, die die Welt von The Last Remnant bewohnen, erwähnt. Aber im Spiel selbst erfährt man so gut wie gar nichts von diesen Völkern. Woher kommen sie alle? Wie sind sie entstanden? Sie Leben im Spiel sehr friedlich miteinander. Wie kann das sein wenn sie so verschieden sind? Auch hier war wieder viel Potenzial, dass man durch NPCs oder Beschreibungen hätte ausschöpfen können. Leider hat man auch darauf verzichtet. Man hat sich sehr stark auf die Artefakte konzentriert, aber die Bewohner der Welt bleiben blass und langweilig. Sehr schade.
Meinen größten Kritikpunkt bekommt aber das Kampfsystem, dass ich nach 200 Stunden Spielzeit bis heute nicht verstanden habe. Es gab Momente bei denen ich mir sicher war wie nun alles funktioniert. Nach ein paar Minuten wurde das aber wieder über den Haufen geworfen. Einige Dinge wie Blockade, Flankenangriff oder Angriff von hinten werden zwar erklärt, aber wie entstehen sie? Also welche Vorraussetzungen müssen erfüllt sein, damit mein Gegner oder ich einen Überfall starten können? Ebenso ist es mit den Kampfbefehlen. Man sagt nicht ganz einfach was jeder Einzelne tun soll. Viel eher hat man hier sogenannte Verbände mit mehreren Charakteren und in Feldherr-Manier gibt man Befehle wie "Greift sie mit Kampkünste an", "Benutzt mysthische Künste" oder "LP hochhalten". Man kann zwar dann auf Knopfdruck sehen was jeder Einzelne im Verband tun würde, dennoch ist es merkwürdig. Für verschiedene Aktionen verbraucht man für eine Runde AP. AP werden nach jeder Runde auch regeneriert. Wenn mein Verband nun 105 AP zur Verfügung hat, warum kann ich ihnen nur Befehle geben in denen sie maximal 26 AP verbrauchen? Warum darf nicht jeder sein volles Potenzial ausschöpfen? Das ist in keinster Weise sichtbar und wenn ich mir die Community ansehe, weiß das wohl niemand so wirklich. Das ist auch wieder sehr schade. Das Kampfsystem an sich ist nämlich sehr innovativ und das hab ich so bis heute nicht gesehen.
Weiterhin muss man erwähnen, dass The Last Remnant kein klassisches Level- und Klassensystem hat. Als kleine Orientierung hat man einen Kampfrank. Dieser bedeutet irritierender Weise aber nicht gleich, dass du sehr stark bist, sondern zeigt eher wie stark deine Gegner sind. Aufstiege gibt es nach den Kämpfen wenn man gegen ebenwürdige Gegner kämpft. Ansonsten muss man ganz viel grinden. Hierbei passt sich das Spiel auch dem an was man für Aktionen benutzt. Wenn man viele Kampfkünste nutzt steigt eher die Stärke und bei viel mystischer Kunst steigt eher der Intellekt usw. Das Klassensystem ist da etwas verwirrender. Laut diversen Wiki-Einträgen erhöht bzw. verändert sich die Klasse mit den Anstieg und der Benutzung von Fähigkeiten und Attributen? Kann aber auch sein, dass ich mich da irre, da das Spiel sowas in keinster Weise vermittelt. Allgemein ist es schwer die Entwicklung zu beeinflussen, da man ja nichts direkt Befehlen kann. Vielleicht hätte man das Klassensystem einfach draußen lassen sollen. Das mit dem Aufsteigen an sich ist ja schon sehr kompliziert.
Bei so wenigen Möglichkeiten die Charaktere direkt zu beeinflussen kommt noch das Ausrüstungssystem hinzu. Man kann nur Rush (den Hauptcharakter) direkt ausrüsten. Dennoch kann man ruhig Waffen und Ausrüstungen für die anderen herstellen. Man muss nur darauf hoffen, dass sie irgendwann fragen, ob sie die Waffen haben dürfen. Nun denkt man sich natürlich, dass sie immer dann nachfragen werden wenn man eine eindeutig bessere Waffe für sie hat. Das ist leider nicht ganz richtig. Es kommt hier wieder auf die Klasse an, die man nur dank Wiki-Artikeln besser kennenlernen kann. Hinzu kommt, dass man mit den Charakteren auch einen entsprechenden Freundschaftswert braucht, damit sie dich fragen. Je höher die Freundschaft, desto früher fragen sie nach. Ein absolut unnötiges und viel zu kompliziertes System, dass in diesem Spiel nichts zu suchen hat.
Als absolut grauenhaft seh ich noch die Balance vom Spiel selbst an. So hatte ich gegen einige Minimobs massive Probleme, während mir kein einziger Boss einfällt, mit dem ich jemals Probleme hatte. Selbst der Endkampf oder auch die meisten optionalen Bosse waren kein Problem. Allgemein verstehe ich nicht, was manche sogenannte Rare-Monster in einigen Gebieten zu suchen haben, da sie für die jeweiligen Gebiete zu stark sind und es nicht herausfordernd sondern unfair wirkt. Natürlich muss man sie nicht machen, aber für die meisten gibt es sehr schöne Belohnungen. Da sie nun auch selten auftauchen, ist dieser innere Zwang, diese Monster zu erledigen noch größer. Das Spiel zwingt also regelrecht zum Grinden, damit man gegen diese seltenen Monster ankommt. Den meisten macht Grinden aber eher weniger Spaß...
Nun habe ich sehr viel negative Kritik zum Spiel geäußert, aber trotzdem 200 Stunden hineingesteckt. Man möchte doch meinen, dass es noch etwas Positives geben muss. Wenn ich so darüber nachdenke sind viele Nebenquests sehr schön designt. Das wars aber leider auch. Diese 200 Stunden sind mit mindestens 40 Stunden Grinden und der Hoffnung, dass es irgendwann besser sein wird, verbunden.
Mein persönliches Fazit ist also, dass The Last Remnant zwar ein optisch sehr schönes und musikalisch ein großartiges Spiel ist, aber sonst nichts zu bieten hat. Die Story ruckelt vor sich hin, die Charaktere sind zum größten Teil langweilig, das Kampf- und Ausrüstungssystem ist zu kompliziert und es fehlt an Tiefe. Ein Spiel mit sehr viel Potenzial, dass nicht richtig ausgeschöpft wurde. Sehr schade..
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😃 : 4