Spielzeit:
4447 Minuten
Vor meiner eigentlichen Bewertung des Spiels einige kurze Anmerkungen vorweg:
- March of the Eagles ist als unabhängiges Spiel zu betrachten. Wenn es an anderen Paradox-Titeln gemessen werden soll, ist es klar, dass es schlecht abschneiden muss. Wer ein Europa Universalis oder Victoria sucht, der muss halt ein solches spielen und wird zwangsläufig von diesem Spiel enttäuscht.
- Es ist offensichtlich, dass March of the Eagles nur eine kurze Zeitspanne umfasst, nahezu ausschließlich auf die Kriegsführung schaut und weniger komplex ist, als andere Paradox-Titel.
Warum bewerte ich March of the Eagles aber dennoch auch für sich allein negativ? (Ich beziehe mich nachfolgend auf die Vanilla-Version/ Singleplayer)
- weniger schlimm ist zunächst die Tatsache, dass nur neun Nationen überhaupt sinnvoll spielbar sind (diese sind Großbritannien, Frankreich, Österreich, Russland, Osmanen, Preußen, Spanien, Schweden und Dänemark). Die Zwergstaaten sind nunmal nur Futter für die großen.
- aber auch unter diesen neun Nationen sind eigentlich nur die Briten und die Franzosen wirklich sinnvoll innerhalb der Spielmechanik spielbar!! Warum ist dies so?
Wer nicht einfach aus Jux und Tollerei daddelt, sondern das konkrete Ziel des Sieges verfolgt, hat zwei Optionen: 1. Vorherrschaftssieg (sowohl zur See als auch zu Land dominant sein und bestimmte Schlüsselpunkte auf der Karte halten) 2. Punktesieg über Prestige wenn 1820 die Zeit abgelaufen ist.
- Um den Vorherrschaftssieg zu erringen muss man die Briten aus ihrer dominanten Seemachtsstellung verdrängen. Dies ist aber ein sehr schweres und darüber hinaus kaum lohnenswertes Unterfangen. Die Briten sind schon in ihrer Ausgangssituation übermächtig; besitzen nicht nur eine dominante Flotte, überzüchtete Kommandanten zur See wie zu Land und zusätzlich genügend Manpower, um jede andere Nation des Spiels herauszufordern, sondern auch einen nicht einholbaren Vorteil in den Marine-Ideen. Damit andere Großmächte die britische Seeherrschaft überwinden können, müssen sie in England landen und die ebenfalls lächerlich überpowerten Festungen Gibraltar und Malta erobern. Dies ist aber nur möglich, wenn man viele Jahre und viel Geld in eine eigene Flotte investiert, wodurch die Forschung in Land-Ideen wiederum zu kurz kommt. Ums kurz zu sagen: diesen Aufwand können sich nur die Franzosen leisten und dabei gleichzeitig noch Europa zu Land dominieren.
Die Folge daraus:
- Großbritannien gewinnt die Kampagne ohne große Schwierigkeiten. Es darf einfach nicht selbst an Land im 1vs1 gegen die Franzosen antreten, sondern muss andere Nationen dazu bringen, gegen Frankreich zu kämpfen. Nebenbei nehmen sich die Briten alles was sie brauchen, kontrollieren die Meere und siehe da: Vorherrschaftssieg, super leicht, super langweilig.
- Frankreich muss erst den Kontinent klären und unterdessen eine fähige Flotte aufbauen, dann am Ende der Kampagne in England landen...sehr viel interessanter und herausfordernder
- alle übrigen Großmächte (Russland, Osmanen, Österreich, Preußen, Spanien) erobern zu Beginn kleinere Zwergstaaten und sammeln Prestige. Wenn sie dann jedoch die Franzosen als Vorherrscher zu Land ablösen, kämpfen sie für gewöhnlich schnell gegen die Briten und die übrigen Nationen. Dies ist durchaus machbar, dadurch hat man aber kaum Gelegenheit eine Flotte aufzubauen, um die Briten herauszufordern, ergo ist der Vorherrschaftssieg einfach nicht ratsam. Stattdessen genügt der Prestigesieg. Dies führt dazu, dass man nur noch "profitabel" Krieg führt, nur kleinere oder bereits angeschlagene Nationen angreift und keine Risiken eingeht. Bis zum Ende 1820 sitzt man so auf seinem Prestige und gewinnt übers Warten und Punkte konservieren....langweilig und wenig herausfordernd...
- die beiden schwächeren nordischen Nationen (Schweden, Dänemark) sind eher Regionalmächte und haben selbst beim Erringen des Prestigesieges Schwierigkeiten, was ihre Kampagnen aber wenigstens herausfordernd und interessant macht.
Schlussendlich bedeutet dies jedoch:
Durch zu starke Briten sind die Kampagnen aller anderen spielbaren Nationen bereits sehr eingeschränkt, künstlich erschwert und trotzdem lächerlich leicht zu gewinnen. (Ich weiß, dies klingt widersprüchlich, entspricht aber der sehr merkwürdigen Wahrheit)
Der Wiederspielwert von March of the Eages ist gering. Für Einsteiger kann ich nur die Frankreich-Kampagne und für Veteranen nur Schweden und Dänemark empfehlen. Die übrigen Kampagnen sind wenig denkwürdig oder herausfordernd. Zusätzlich sind alle pseudo-strategischen Spielereien wie Strategien der Generäle, Truppengattungen, Geländekunde usw. nur kleinste Stellschrauben, die zwar durchaus Einfluss auf die Kämpfe haben können, den Aufwand und die Zeit jedoch zumeist nicht wert sind. Warum? Das Würfelglück hat in den Kämpfen oft größeres Gewicht und wer sich generell startegisch nicht so dumm wie die künstliche Intelligenz verhält, der wird selbst mit einer unorganisierten Armee mit bestmöglichem General trotzdem gut abschneiden. Kriegsmüdigkeit ist der wichtigste Wert des Spiels. Kriege dürfen nicht ewig dauern, ansonsten gerät jede Nation in immense Schwierigkeiten, weil Truppen schlechter kämpfen und der Nachschub stockt. Eben gerade deswegen will man Krieg mit den Briten eigentlich immer vermeiden, weil man keinen großen Kriegsstand gegen sie erzielen kann, sodass sie selbst einen weißen Frieden ausschlagen. Diese Spielmechanik kombiniert mit künstlich überzüchteten Briten macht das Spiel leider zu einer sehr einseitigen, sehr überschaubaren Angelegenheit.
Einzige Hoffnung für das Spiel ist der Multiplayer und der Kampf gegen andere menschliche Spieler. Aber leider finden sich nicht viele Interessenten dafür. Jetzt fragt euch mal warum das wohl so ist??...
👍 : 8 |
😃 : 0