Spielzeit:
1523 Minuten
Pro:
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+ äußerst stimmig in Szene gesetzte Locations…
+ …die nur so vor Details strotzen
+ Assets & Schriftstücke komplett in Deutsch
+ sehr charmantes Old School-Horror-Feeling
+ durchweg sehr dichte Atmosphäre
+ gleichbleibender Unterhaltungswert über sämtliche Episoden hinweg
+ gutes Environmental Storytelling
+ gelungene Jump Scares & Schockmomente
+ äußerst atmosphärischer Soundtrack
+ sehr eindrückliche & clever ins Gameplay integrierte Soundkulisse
+ angenehm entschleunigt wirkendes Gameplay
+ die Charaktere vermitteln unterschiedliche Eindrücke zu den Locations
+ eingängige & intuitive Bedienung
+ kreative, abwechslungsreiche & fordernd designte Aufgaben & Puzzles
+ zufällig getriggerte Attacken, tödliche ja/nein Entscheidungen…
+ …sowie Perma-Death-Mechaniken fördern die Spannung enorm
+ Perma-Death lässt sich optional deaktivieren
+ Hotspots werden automatisch hervorgehoben & auf der Karte vermerkt
+ ordentlicher Gesamtumfang
+ läuft bugfei auf meinem System
Kontra:
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- ab und zu ziemlich heftige Performance-Einbrüche
- die Gesichter der Charaktere wirken sehr starr & puppenhaft
- etwas lückenhaft & konfus wirkendes Storytelling…
- …was sich auch merklich im Verhalten der Charaktere wiederspiegelt
- immer mal wieder recht abstruse Adventure-Logik…
- …wovor auch ein paar der Puzzles nicht verschont bleiben
- erwartungsgemäß träge reagierende Spielfiguren (Tank Controls)
- unklare Funktionen der meisten Perks & Fähigkeiten…
- …die aber an sich eh kaum eine Rolle spielen
- das Missverstehen der Mechaniken & der QTEs wird vergleichsweise hart bestraft…
- …was dazu führt, dass sich viele Bildschirmtode sehr frustrierend anfühlen
- die QTEs nutzen sich relativ schnell ab...
- …und es fällt dann deutlich auf, wie „konstruiert“ & erzwungen diese wirken
- da der Tod des Protagonisten den Neustart einer Episode zur Folge hat, nutzt man ihn nur, wenn es keine Alternativen mehr gibt
System:
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> Win 10 64 Bit
> Ryzen 7 5800X3D
> RX 7900 XT 20 GB VRAM
> 32 GB RAM
> Teufel Cage
[b]Das Indie-Entwicklerstudio Protocol Games hat mit „Song of Horror“ (SoH) ein überzeugendes Erstlingswerk abgeliefert. Eine zum Schneiden dichte Atmosphäre und anspruchsvolle Gameplay-Puzzles sorgen für ein gleichermaßen unterhaltsames wie entschleunigtes Third-Person-Horror-Erlebnis der klassischen Art und es lässt sich unschwer erkennen, welche Genre-definierenden Titel der 90er und frühen 2000er hier als Inspiration dienten, auch wenn man dazu sagen muss, dass erzählerische Lücken und ein paar ungewöhnlich harsche Designentscheidungen den Gesamteindruck merklich trüben.[/b]
Storytechnisch hinterlässt SoH einen gemischten Eindruck: Dramaturgisch gut eingesetzte Set Pieces treffen auf leider etwas zusammenhanglos und austauschbar wirkende Charaktere, deren Sprecher nur selten überzeugen. Schon früh diktiert eine gehörige Portion Horrorspiel/film-Logik das Geschehen, die merklich konträr zur Ernsthaftigkeit der eigentlichen Erzählung steht und die einen aufgrund ihrer Absurdität durchaus zum Schmunzeln bringen kann. Dazu kommen ein paar Lücken im Storytelling, was den Eindruck aufkommen lässt, als ob die Story mehr oder weniger nebenbei kreiert wurde und die Idee mit den vielen Charakteren nicht ganz so gut funktioniert, wie die Entwickler es sich vorgestellt haben. Dass SoHs Prämisse sich in puncto Horror Tropes auf recht klischeehaften Bahnen bewegt, und dass die Charaktere die geisterhaften Ereignisse oft ziemlich hirnrissig kommentieren, wirkt dagegen deutlich verschmerzbarer. Trotz all meiner Kritik ist es aber schlussendlich so, dass die Story einen akzeptablen Unterhaltungswert bietet und mit einem so düsteren Knall endet, wie man es von einer Lovecraft’schen Geschichte erwartet.
Nach dem sehr kurzen Prolog fällt in der ersten Episode direkt auf, wie aufwendig die Level in Szene gesetzt werden, ein Eindruck, der sich durch das gesamte Spiel zieht. Typische Horror-Locations, bis unter die Decke vollgestopft mit detaillierten und gruseligen Assets, das Ganze wunderbar schummrig ausgeleuchtet und die Kamera stets so positioniert, dass man, im Verbund mit der spitzenmäßigen Soundkulisse und dem stimmigen Soundtrack, unweigerlich anfängt, Dinge am Bildschirmrand zu sehen, und man angespannt darauf wartet, dass etwas passiert. Das letzte Mal, dass ich ein ähnlich intensives Erlebnis beim Spielen eines vergleichbaren Titels hatte, war damals in Silent Hill 2 und in Alone in the Dark 4. Applaus für die Entwickler für diese Leistung. Umso mehr fällt dagegen auf, wie furchtbar stocksteif die Charaktere animiert wurden, vor allem deren Mimik. Warum kriegen so viele europäische Entwicklerstudios das nicht hin?
Auf klassische Survival-Horror-Art wird erkundet, gerätselt und Survival-Ereignisse werden, und das ist das besondere, teilweise random ausgelöst. So kann es sein, dass ich an bestimmten Punkten nur von einem Jump Scare überrascht werde, ich in einem zweiten Anlauf an der gleichen Stelle aber einen Angriff triggere und ich eines der QTE-Minispiele bestehen muss, um den aktiven Charakter nicht zu verlieren. Laut den Entwicklern passt „die Präsenz“ sich dem eigenen Spielstil an und ja, in gewisser Weise kann ich das bestätigen. Zwei der Kapitel musste ich neu starten, da ich alle meine Charaktere verlor und beide Male liefen die Begegnungen mit dem Geisterwesen etwas anders ab. Man muss aber dazu sagen, dass die grundlegende Lösungsstruktur der Kapitel immer gleich bleibt, was bedeutet, dass an bestimmten Punkten die Präsenz immer gleich getriggert wird.
Charaktere zu verlieren ist bewusster Teil des Gameplays, da die Handvoll Spielfiguren, die man pro Kapitel zur Verfügung hat, am laufenden Band mit Insta-Death-Situationen konfrontiert werden und nur eine überlegte Vorgehensweise sowie eine gründliche Analyse der unterschiedlichen Tipps und Hinweise, die man Schriftstücken und den Locations selbst entnimmt, einen vor dem drohenden Neustart eines Kapitels bewahren: So lauscht man z.B. an Türen, bevor man einen Raum betritt und man sollte auf der Hut sein, wenn das Spiel einen fragt, ob man eine bestimmte Aktion wirklich ausführen möchte. Diese Designphilosophie entschleunigt das Gameplay deutlich und belohnt den Spieler, wenn man es langsam angeht, das aufwendige Leveldesign auf sich wirken lässt und eventuell so noch einen fehlenden Hinweis oder eine verschleierte Gefahr entdeckt. In Kombination mit den Rätseln, die teilweise echt fordernd gestaltet wurden und mich mal wieder dazu gebracht haben, Zettel und Stift zu benutzen, gelingt SoH es so, einen Einblick in die Vergangenheit zu gewähren, als in Survival-Horror-Spielen noch wirklich Hirnschmalz vonnöten war und die Menschen dank Social Media noch nicht die Aufmerksamkeitsspanne eines Hundewelpen hatten. Allerdings sei dazu gesagt, dass auch SoH leider nicht vor abstruser Adventure-Logik verschont bleibt.
Hinsichtlich der QTEs ist sämtlicher Hirnschmalz von jetzt auf gleich aber völlig egal und ich kann so analytisch spielen, wie ich will, ein verkacktes QTE bleibt ein verkacktes QTE. Kudos für die Entwickler, dass sie Dinge ausprobieren, aber leider sind die QTEs einfach nicht fun, auch nicht beim dritten oder fünften Mal. Die QTEs erhalten stets ein kleines Tutorial und es absolut möglich, ein Kapitel komplett ohne Verluste zu beenden, trotzdem kann es immer mal passieren, dass ein QTE nicht nach Plan läuft, vor allem in den ersten Spielstunden, und es fühlt sich sehr frustrierend an, wenn SoH das Ganze dann mit dem sofortigen und unwiederbringlichen Verlust eines Charakters quittiert. Außerdem passen die QTEs nicht immer in den Kontext des Geschehens. Und ja, Perma-Death lässt sich deaktivieren, aber ich spiele meine Horror-Spiele gerne anspruchsvoll und auf dem von den Entwicklern vorgeschlagenen Schwierigkeitsgrad und es ist nur fair, wenn das Gameplay entsprechend gebalanced wird, was hier aufgrund der wie Fremdkörper wirkenden QTEs leider nur bedingt der Fall ist.
7,5/10
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