Spielzeit:
552 Minuten
[h1]Overlord: Gefährten des Bösen - Eine soziokulturelle Empirie[/h1]
Vorweg möchte ich eins betonen: Ich bin riesiger Overlordfan. Ich habe neben Teil 1 und 2 auch den Wii-Ableger "Dark Legend" und den Lost-Viking-Klon "Minions für den Nintendo DS gespielt. Ich war mir auch im Klaren darüber, dass dieses Spin-Off viele Sachen anders machen wollte. Warum es trotzdem kein gutes Spiel ist, könnt Ihr in den folgenden Absätzen lesen.
[h1]Story, Humor und Figuren[/h1]
Fangen wir mit etwas Positivem an, denn zumindest in dieser Kategorie macht der neuste Teil keine schlechte Figur. Die Geschichte spielt eine unbekannte Zeitspanne irgendwann nach Overlord 2, nachdem schon wie schon nach Teil 1 zuvor, wiedermal alles den Bach runterging und die Schergen erneut einen Neuanfang starten mussten.
Ihr spielt einen von vier Untoten, den Netherghüls, die irgendwie nicht ganz so mächtig wie ein Overlord sind, und schlagt euch durch vier Kapitel und insgesamt (mit Tutorial und Bosskämpfen) 20 Missionen.
Während der Humor größtenteils an die Vorgänger anknüpft, hat die Story neben einem offenen Ende auch wenig inneren Zusammenhalt. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass hier viel zusammengestrichen wurde (dieses Gefühl wird mich an anderer Stelle noch häufiger überkommen). Trotzdem ist auch sie im Sinne der Vorgänger nett gemacht, ein bisschen hohl vielleicht, aber unterhaltsam.
Neben Gnarl treten ein paar neue Schergen auf, aber bis auf Ricket, der Schmiedin, bleiben sie alle ziemlich farblos. Die Gegenspieler sind für die paar ihrer kurzen Auftritte okay, die vier spielbaren Netherghüls bleiben in gewohnter Overlord-Manier stumm.
[h1]Grafik, Sound und Bedienung[/h1]
Da es sich beim Spiel um eine Art Dungeoncrawler mit Kloppmistanleihen handelt, war grafisch sowieso nicht viel zu erwarten. Die ersten beiden (von fünf unterschiedlichen Umgebungen) wirken trotzdem etwas arg zusammengeschustert und lieblos, die Grafik wird aber im Laufe des Spiels besser. Der Stil sieht zumindest nach Overlord 1 & 2 aus und passt zur Serie, das ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass man sich hier besonders bei Landschaftsobjekten der Vorgänger stark bedient hat.
Leider ist die Performance nicht so toll, vor allem Tearing trat bei mir häufig auf und mit den nur rudimentär vorhandenen Grafikeinstellungen konnte dem auch nicht begegnet werden.
Vor allem an den Zwischensequenzen sieht man dem Spiel sein geringes Budget an. Zwar glänzte die Overlordserie noch nie durch ausgefeilte Animationen, dass die Figuren beim Sprechen ihren Mund nicht bewegen, ist allerdings ein Novum.
Sound ja, öh, das bekannte Titelthema ist dabei, sonst hält sich die musikalische Untermalung stark im Hintergrund, das ging in den Vorgängern irgendwie besser. Die Qualität der Sprachaufnahmen und der Zwischensequenzen war in Ordnung.
Das Spiel lässt sich mit Gamepad und Maus+Tastatur spielen, das funktioniert auch ganz gut, allerdings ist die Steuerung nicht frei belegbar, was bei einigen Tasten (der Spezialangriff ist die Taste "2") unverständlich ist.
Es gibt keine freie Kamera und das Spiel zoomt nach eigenem Ermessen, was auch okay ist, denn es gibt nicht viel zu entdecken (mehr dazu später). Das Starten des eigentlichen Multiplayer-Modus' ist sehr umständlich gelöst, hier hätte eine schnellere Lösung ohne mehrmalige Ladebildschirmunterbrechung hergemusst.
[h1]Gameplay[/h1]
Kommen wir nun zum Punkt, der diesem Spiel meiner Meinung nach das Genick bricht. Der große Schock gleich vorneweg: Die Schergen sind nicht steuerbar, das ist wohl das größte Verbrechen dieses Ablegers.
Konträr zu den übrigen Teilen der Serie, macht der Netherghül in diesem Spiel den meisten Schaden, die Schergen sind nur eine Art Zauberspruch, welcher bei Bedarf eingesetzt werden kann.
Auch das wäre zu verschmerzen gewesen, wenn die K.I. nicht so dumm wäre. Da es auch in diesem Teil schergendahinraffende Umweltgefahren gibt, und sie selbst leider zu blöd sind, automatisch auszuweichen, schickt man sie oft unwillentlich in den Tod.
Besonders schlimm hat es die roten Schergen getroffen, die in diesem Teil Kamikazebomber sind, sie rennen nämlich oft einfach nur gegen die nächste Wand.
Braune Schergen können neben ihren Angriffen Gegner vom Netherghül ablenken, grüne Schergen haben am Anfang genau einen Stealth-Angriff, bevor sie wieder verschwinden, und blaue Schergen heilen bloß den Spieler.
So metzelt man sich also oft allein mit seinen drei Fähigkeiten (Standard-, Aufladung- und Spezialattacke) durch die Level, die immer aus mehreren Abschnitten aufgebaut sind: stupide Erkundung, Gegnerkloppen und seltsamerweise auch Zeitrennen durch Fallenparkoure.
Zwischendurch gibt es auch immer mal wieder ein paar Abschnitte mit Schalterrätseln, aber die erfordern weder Geschick noch Hirnschmalz und sind deshalb schnell gelöst.
Nach Bewältigung der Kampfabschnitte darf man also Belohnung oft mehrere Schatzkisten einsammeln. Die darin enhaltene Währung darf man im Hub für neue Schergenhüte, Waffen oder Fähigkeitenupgrades der Schergen und des Netherghüls ausgeben.
Damit kommen wir gleich zum nächsten Problem. Während in den vorherigen Spielen die Gestaltung des eigenen dunklen Turms und das Finden von Sammelobjekten einen Teil des Spielreizes ausmachte, kann man in diesem Ableger nichts Vergleichbares tun.
Es gibt zwar eine Schmiede, aber nichts zu schmieden, denn alles kann von Anfang an gekauft werden, gleiches gilt für die (nur kosmetischen) Schergenhüte. Die Upgrades von Netherghül und Schergen beschränken sich oft nur auf einen Attributbonus und nur manchmal in der Verbesserung einer eigentlichen Fähigkeit, zudem muss alles linear nacheinander freigeschaltet werden, eine Auswahl kann nicht getroffen werden.
Die einzige Abwechslung bringen die Waffen aus dem Schmiede-Shop, die alle unterschiedliche Effekte haben. Sonst bleibt eigentlich bis zum Ende alles gleich, es wird im Spielverlauf nichts weiter freigeschaltet.
[h1]Multiplayer[/h1]
Das ist einer der Hauptkaufargumente des Spiels, also bekommt er einen eigenen Unterpunkt.
Leider habe ich bisher nur ein einziges Multiplayer-Match spielen können, da man oft nur ein "Session kann nicht gefunden werden"-Fehler bekommt, der einen zurück ins Hauptmenü schickt. Der Support von Codemasters ist leider sehr schlecht, denn auch eine Woche nach Release ist hier noch nichts behoben oder geklärt worden.
Außerdem ist mir immer noch nicht klar, wie der lokale Coop-Modus am PC überhaupt funktionieren soll, wenn man keine Steuerungsgeräte für andere Spiele zuweisen kann. Auch hierzu gab es bisher keine Erklärung (über ein Handbuch verfügt das Spiel übrigens ebenfalls nicht).
Abseits dieser Mängel macht das Spiel mit mehreren Spielern schon mehr Spaß, da die Gegner etwas knackiger werden und man sich oft den Rücken decken muss. Die Fähigkeiten der Netherghüls ergänzen sich auch relativ gut, sodass man schnell in eine Rolle findet. Allerdings fehlt es an alternativen Spielmodi, in denen man auch mal gegeneinander kämpft, hier hatte Overlord 2 selbst schon viele Möglichkeiten geboten. Eine weitere Chance, die vertan wurde.
[h1]Fazit[/h1]
"Overlord: Gefährten des Bösen" ist eigentlich kein schlechtes Spiel, scheitert aber sowohl an seinem Anspruch ein Overlord-Titel zu sein, als auch an einem funktionierendem Multiplayer-Modus.
Da ich auch dem Entwickler-Blog gefolgt bin, frage ich mich, ob das Spiel am Anfang nicht viel ambitionierter war und dann auf seine Grundbestandteile reduziert wurde. Gerade Grafik und Steuerung lassen vermuten, dass man letztendlich komplett auf einen mobilen Ableger hinauswollte.
Für ein paar Stunden Singleplayer-Spaß ist es sicher nicht verkehrt, aber dann würde ich auf jeden Fall auf eine Preissenkung warten.
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