Spielzeit:
5820 Minuten
Vorab: ich wollte immer schon mal ein gutes Air Combat Arcade-Game probieren. Habe mit Ace Combat 7 (AC7) begonnen (im Sale erworben). Hat mir im Prinzip ganz gut gefallen - bis auf den nervigen Timer in manchen Missionen. Project Wingman (PW) hätte mich auch interessiert, ich machte mir allerdings Sorgen wegen der vielleicht nicht ganz so guten Grafik und den teilweise "trüberen Lichtverhältnissen" an manchen Orten. Bis ich es (ebenfalls im Sale) erstand - nur so zum Ausprobieren. Was soll ich sagen - hätte ich gleich gewusst, um wie viel besser PW in vielen Kriterien als AC7 ist, hätte ich mir gleich ersteres genommen. Das ist auch ein Grund, weshalb ich hier einen kleinen Vergleich ziehen möchte.
Es beginnt schon mal bei der Steuerung:
Sticks, HOTAS-Geräte und Gamepads sind in PW frei konfigurierbar ohne umständliche spielexterne Dateieinbindungen. AC7 ist in punkto plug and play, was HOTAS betrifft, diskrepanzfrei nur mit TM T-Flight steuerbar - und fix konfiguriert. Wenn man was anderes hat, wird's kompliziert.
Das Einstellungsmenü von PW lässt keine Wünsche offen. Die Zuweisung von Tasten und Achsen auf Stick und Throttle funktioniert recht einfach und übersichtlich. Ebenso die Empfindlichkeitseinstellungen. Die totzonenfreie Reaktion des Sticks ist hier voll nutzbar. In AC7 bringt das nichts, denn hier ist vom Spiel her eine nicht unbeträchtliche Totzone gegeben.
Grafik:
Die Grafik im Spiel ist recht ansehnlich. Alles ist fein und detailreich genug dargestellt.
Ich persönlich sehe auf Full HD 24 Zoll in Detailschärfe keinen Unterschied zu AC7, Mir kommt sogar vor, die Wolkenbildungen sind in PW realistischer gestaltet. Landschaftsdetails (sobald man in Bodennähe kommt), Flugzeuge und Cockpits empfinde ich als gleich gut.
PW ist, wie ich finde, "atmosphärischer" gestaltet als AC7. In PW gibt es mehr Abwechslung zwischen Tageshelle und ziemlich farbfeuriger Sonnenuntergangsdüsternis. Letztere gelungenen Settings haben mich sogar positiv überrascht - nach etwas Gewöhnung an die in manchen Missionen "trübere" Stimmung habe ich diese sogar zu schätzen gelernt. Es ist hier auch der Nervenkitzel größer, weil man die Geschwindigkeit der Feinde, wenn sie auf einen zukommen, schlechter einschätzen kann.
Wovon ich bei PW nicht begeistert bin, ist das doch eher abträgliche "Unscharf"-Design der Menügrafiik. Die ist in AC-7 knackscharf gestaltet, wie in jedem anderen Spiel üblich.
Sound:
Sehr gut. Nach meinem Geschmack noch besser als in AC7. Explosionen, Funkverkehr-Stimmen, alles sehr realistisch. Musik ist auch sehr gut, ich fliege allerdings meistens ohne, weil ich das so irgendwie "echter" finde.
Spielerlebnis:
Das Steuern der Flugzeuge mutet sehr gut an. Deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Fliegern. Fühlt sich für mich besser an als in AC7.
Die Missionen sind in PW sind deutlich länger und man braucht echt Ausdauer, um sie erfolgreich abzuschließen. Aber man hat immer alle Zeit der Welt, denn es gibt keinen Timer wie in AC7. Man hat dadurch wesentlich mehr für sein Geld und kann Feinde jagen bis zum Abwinken.
Die Einstellungsmöglichkeiten von Cockpitblickwinkel (Größe) und HUD sind meinen Wünschen entsprechend. Was mir als Cockpitansicht-Spieler besonders gefällt, ist dass es auch ein funktionierendes (nicht starr gezeichnetes) Radar in jedem Cockpit gibt. Das heißt, ich kann das Radar links unten ausblenden und trotzdem navigieren. Direkt im Flugzeug. Quasi wie in echt habe ich nur meine Kanzel und die Umwelt vor mir. Das ist Feeling pur. Z.B. bei AC7 sind alle Instrumente starr gezeichnet.
In PW muss man sich nicht wie in AC7 durch einen ganzen Flugzeug- und Teilebaum für seine Credits hindurchkaufen, bis man endlich einen bestimmten Flieger, den man wirklich möchte, erwerben kann. In PW hat man eine Liste von Flugzeugen, in der man gleich auch deren Eigenschaften sieht. Diese erweitert sich dann noch im Spiel. Man kann so mit den Kampagne-Missionen (auch in den freien Missionen) soviel Geld ansammeln, wie man für einen Wunschflieger braucht, und ihn dann kaufen. Und man kann sie auch wieder verkaufen.
Man kann je nach Flugzeugtyp bis zu drei verschiedene Waffen aussuchen, die zu Gun und Standardraketen hinzukommen - nicht nur eine von dreien wie in AC7.
Dann gibt es auch noch den Conquest-Modus. Hier erobert man die gegebenen Territorien (sind deren verdammt viele) entweder im Alleinflug, oder mit einem Team von Piloten und Flugzeugen, die man anheuern kann. Natürlich für Credits aus dem Eroberungsmodus. Ein Team wird hier früher oder später nötig, da der Alarmlevel immer weiter steigt. Auch dessen Steigrate ist einstellbar. Die KIs, die da mit einem fliegen, na ja - man kann nicht sagen, dass sie einen nicht unterstützen, aber Einsteins sind sie natürlich nicht. Aber man braucht deutlich weniger Flares gegen anfliegende Raketen.
Im Conquest gibt es für drei bestimmte Aircrafts sogar Atombomben. Die muss man mal abgeworfen haben. Das ist, um es mal pietätlos zu sagen, ein grandioses Schauspiel - besonders in der Cockpit-Ansicht. Man muss nur selbst möglichst schnell aus dem Abwurfgebiet kommen, sonst ...
Es gibt übrigens noch als DLC die Frontline59 Kampagne um 5 Euro (wenn nicht im Sale). Das sind sechs weitere Missionen, die es in sich haben.
Der teuerste Kampfjet und einige wenige Waffenarten sind in PW bewusst futuristisch gehalten. Hier ist AC7 realistischer. Im Gegensatz zu AC7, wo es sich um mehr oder weniger echte Modelle handelt, sind diese in PW nur daran angelehnt - was man auch an den Bezeichnungen sieht.
Und schließlich für mich persönlich ganz wichtig: kein Timer. Man kann hier auch mal aus dem Pulk ausbrechen, um dann zu wenden und gefährliche Gegner mit Raketen großer Reichweite anzugreifen - ganz ohne Zeitdruck. Man kann strategisch bzw. taktisch vorgehen ohne auf einen Counter achten zu müssen.
Leider gibt es bei im Gameplay doch auch einen mehr oder weniger dicken Wermutstropfen: Es gibt keine Speicherpunkte bei Missionsupdates wie in AC7. Wer z.B. nach einer halben Stunde voller Konzentration und hartem Einsatz abgeschossen wird oder kollidiert, der stirbt komplett und muss die Mission neu beginnen. Das Problem entspannt sich jedoch mit wachsender Geübtheit.
Preis-Leistungs-Verhältnis:
Project Wingman ist hier AC7 absolut überlegen. Man kann hier für den halben Preis sehr viel länger spielen. Und das mit mehr Abwechslung - auch hinsichtlich Tageszeit- und anderen Lichtstimmungen. Das Flug- und Kampffeeling finde ich subjektiv besser. Einfache Flugzeug-Kaufabwicklung statt nerviges Baumkonstrukt. Keine getimten Missionen. Und dazu noch Eingabegeräte nach Belieben mit allen wichtigen Config-Möglichkeiten.
Ich habe kürzlich, nach dem ich in tollen langen Kämpfen alle Kampagnemissionen (die ich dann auch noch mehrmals frei durchgespielt habe) - und zahllosen Eroberungen im Conquestmodus, wieder mal bei Air Combat 7 vorbeigeschaut. Ich hatte hier einfach nicht dieses Feeling. Nach nur einer Mission sehnte ich mich wieder nach Project Wingman.
Mein Fazit:
Ich bin mir auch den Negativ-Kritiken bewusst, die dieses Game erhalten hat. Kein Spiel kann für alle gut genug sein. Jeder Spieler hat andere Präferenzen. Ich kann zwei oder drei Bugs bekritteln, die sich aber auf das eigentliche Gameplay für mich nicht wirklich negativ auswirken.
Jemandem, der ein actionreiches Spiel dieses Arcade-Genres sucht, und nicht auf komplexem Sim-Niveau spielen möchte, kann meines Erachtens mit PW durchaus zufrieden sein. Ich persönlich kann Project Wingman absolut jedem empfehlen, der an Arcade Air Combat-Spielen interessiert ist.
PS: diese Rezension soll in erster Line jenen dienen, die - wie ich vor nicht all zu langer Zeit - mal einen arcadigen Luftkampf-Actioner spielen wollen und sich nicht gleich entscheiden können, welchen. Deshalb auch mein Vergleich zwischen diesem Spiel und einem anderen. Denn diese beiden sind die einzigen meines Geschmacks in diesem Genre, die ich entdeckt habe.
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