Spielzeit:
349 Minuten
[h2]Theater, Trubel, Tesla[/h2]
The Invisible Hours ist kein klassisches Spiel. Wir können zu keiner Zeit Einfluss auf die Handlung nehmen, sind eigentlich nicht einmal Teil der Spielwelt. Trotzdem nutzt Entwickler Tequila Works geschickt die Mittel, die das Videospiel als Medium auszeichnen und erschafft daraus ein ziemlich einzigartiges Erlebnis.
Der Krimi spielt sich ausschließlich in einem prächtigen Herrenhaus, irgendwo auf einer kleinen, abgelegenen Insel auf dem Staatsgebiet der USA ab. Das Anwesen gehört dem berühmten Erfinder Nikola Tesla, der gerade eine kleine Auswahl an Gästen eingeladen hat. Darunter etwa seinen Berufs-Rivalen Thomas Edison, den wohlhabenen Augustus Vanderberg aber auch ungewöhnlichere Personen wie den etwas abgehalfterten Ermittler Gustaf Gustav. Doch direkt zu Beginn der Darbietung wird klar: Tesla wurde mitten im Haus ermordet! Gustav nimmt selbstverständlich sofort die Ermittlung auf. Aufgrund des Insel-Settings kommen nur die Gäste und das Personal des Hauses als Täter in Betracht. Nun schlüpfen wir aber nicht in die Rolle von Gustav, sondern können uns als körperloser Geist jederzeit und überall auf der Insel umsehen.
[b]Einmal durch das Entertainment-Buffet, bitte.[/b]
Hier kommt die Theater-Note von The Invisible Hours zur Geltung. Wir entscheiden selbst, wo wir hinschauen und jeder Charakter bleibt die ganze Geschichte über präsent und auf der verschlungenen "Bühne". Aus dem Filmbereich entleiht sich The Invisible Hours die gelungene Soundkulisse samt cineastischer Streichermusik in den Schlüsselmomenten. Und ein bisschen Spiel steckt natürlich auch drin. Wie erwähnt können wir uns frei bewegen oder uns automatisch an die Fersen eines Charakters heften. Außerdem halten wir bei Bedarf die Zeit an, spulen das Geschehen (leider nur in einem, sehr behäbigen Modus) vor und zurück und lesen uns durch Briefe, Notizen und weiteren Schriftstücken der Bewohner. Diese Texte verleihen der Story, kombiniert mit den meist sehr gut geschriebenen Dialogen und interessanten Charakteren, eine mysteriöse Note und angenehm viele Fragezeichen, bei denen dem aufmerksamen Beobachter nach und nach ein Licht aufgeht. Einige gekonnt inszenierte Wendungen, sich plötzlich offenbarende neue Seiten der Gäste und deren teils sehr bewegte Vergangenheit haben mich über die gesamte Spielzeit von knapp fünf Stunden - wenn man alles sehen will - gefesselt.
Auch das Ende hat sich für mich befriedigend angefühlt - ausgehend vom Potenzial der sich aufbauenden Handlung hätte es gefühlt aber noch etwas überwältigender werden können. Außerdem sollte man nicht erwarten, dass jede Person zu jedem Zeitpunkt der Geschichte etwas spannendes macht. Die Charaktere offenbaren zwar, wie oben beschrieben, neue Seiten, bleiben in ihren Motivationen aber zumindst in einem wichtigen Fall ein wenig platt. Hier vergleiche ich The Invisible Hours aber bereits mit der Beletage an Spielen oder Filmen - alles in allem hat mir die Geschichte und der Spannungsaufbau sehr gut gefallen.
Das gleiche kann ich in Sachen VR-Technik behaupten. Das Erlebnis wirkt sehr gut gepolished und es gibt einige praktische Komfort-Features. Optisch hat mir das mit vielen Details und untersuchbaren Objekten staffierte Haus und die von peitschendem Regen getroffene Insel deutlich besser gefallen, als es mich die Screenshots vermuten haben lassen. Die Optik profitiert dabei sehr von der räumlichen Tiefe der virtuellen Realität. Zudem gibt es eine solide, deutsche Sprachausgabe.
[i]Fazit[/i]
[h3]The Invisible Hours baut mit seinem ungewöhnlichen, gut funktionierenden Konzept eine mysteriös-spannende Story auf, die vieles richtig macht aber gerade gegen Ende auch ein wenig Potenzial verschenkt. Dabei ist die Geschichte für uns als körperloser Zuschauer das zu lösende Rätsel.[/h3]
[i]Wertung[/i]
[h3]79[/h3]
👍 : 6 |
😃 : 0