Spielzeit:
3587 Minuten
'System Shock' von 1994 hat anno dazumal ein gesamtes Genre von Games begründet, das man in der späteren Theoriebildung als 'immersive sim', "lebensechte Nachahmung", bezeichnet hat. Das Genre 'Immersive Sim', das auf 'System Shock' (kurz: STS) sowie 'System Shock 2' von 1999 (STS2) und deren ludonarratologischen Komposition fußt, zeichnet sich in der Science-Fiction-Traditionslinie aus durch die herausragenden mechanischen und/oder biologischen AntagonistInnen wie SHODAN oder The Many, die beständige Stimmung der Bedrohung und das Erzählen via wegweisenden Audiologs anstatt von Dialogen mit NPCs und reinen textbasierten Logbucheinträgen wie im Vorgänger-Game vom Looking Glass Studio, 'Ultima Underworld II: Labyrinth of Worlds' von 1993. Die mageren Verkäufe ließen die System-Shock-Franchise trotz ihrer wegweisenden Mechaniken und Bausteine zum Geheimtipp verkommen. Erst nach dem Erfolg der Bioshock-Franchise nach 2007 schien es rentabel, ein Game im Stile der System-Shock-Franchise zu entwickeln. 2017 erschien 'Prey', das als geistiger Nachfolger der System-Shock-Games gilt. 'Prey' war sehr innovativ und bildet die Grundlage für den Look vom Remake von 2023. 'System Shock' von 2023 ist ein Game sondergleichen, dass die Levelarchitektur der Vorlage beibehält und die Spieler-Erfahrung deutlich einfacher geschaltet. Die Vertonung der Audiologs wurde neu aufgenommen, da die meisten damaligen SprecherInnen Entwickler oder Freunde, Bekannte, Verwandte der Entwickler waren, mit Ausnahme der Stimme von SHODAN, die diesmal wieder der schizophren-wirkenden KI ihre Stimme leiht. Alles in allem ist das System Shock Remake deutlich spannender und cineastischer als die Vorlage und enthält auch einige stimmungsvolle Kamerafahrten und neue Ausblicke ins fiktive Weltall um Citadel Station. Mir gefiel besonders der Abwurf der Beta Grove im letzten Spieldrittel, da der Avatar dieses Ereignis in In-Game-Graphik mitverfolgen kann, was wirklich spektakulär aussieht, und andererseits auch die Grundlage für die Story von 'System Shock 2' bildet. Ich bin sehr froh über das System Shock Remake von 2023, da es mir ermöglicht, einen Klassiker der Gamesgeschichte in einfacherer, aber dennoch vorlagengetreuer Form nachzuholen. Jedoch: 'System Shock' von 2023 ist kein Casual Game. Man muss sich Fortschritte in der Story hart erarbeiten durch genaues Absuchen der Korridore von Citadel Station und dem Anhören von Audiologs. Questmarker gibt es nur auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad und erscheinen auf der Autominimap, wenn man die questrelevanten Audiologs angehört hat. Mein Fazit: 'System Shock' von 2023 ist ein Game, das die Spielererfahrung bereichert, aber nur für fortgeschrittene Gamer geeignet ist, die sich wirklich in eine Spielwelt mit ihren eigenen Regeln und Besonderheiten vertiefen wollen.
(Der Rezensent arbeitet zurzeit an einem 'ludonarratologischen Vergleich von Audiologs in 'System Shock' von 1993 und 2023' im Rahmen des Seminars 'Erzählen im Game' und hat etwa 59 Stunden in das Remake investiert, um alle Audiologs zu finden und die Bedeutung der Fundorte für das Erzählen im Sci-Fi-Szenario von Citadel Station herauszuarbeiten.)
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