Spielzeit:
87 Minuten
Tl;dr: Arizona Sunshine 1 im Wild West-Gewand, und kommt somit sieben Jahre zu spät.
Ahoi!
Ach herrje, womit soll ich anfangen?
Nun, Black Trail sieht auf Videos echt interessant aus! Ein Wild West-Shooter in VR, ein an sich spannender Trailer, plus Weird West-Elemente, dazu noch generelle Affinität zu Wild West-Spielen, und der Kauf zu Release war geschehen. Hatten wir jemals einen Wild West-VR-Shooter? Ich glaube nicht.
Und ich hab's nach drei Level zurückerstatten lassen.
Eins nach dem anderen.
Die Geschichte an sich macht Lust auf mehr. Da haben wir zugegeben den bereits altbekannten Hintergrund dass sich Goldgräber in Indianerterritorium niederlassen und Letztere dagegen ankämpfen. Hinzu kommen aber noch magische Artefakte, die für ordentlich Stress zwischen den Parteien sorgen, und die Indianer haben großes Interesse daran, diese den Siedlern zu entreißen. Wo kommen die her? Was für ein Problem haben die Indianer mit denen? Und warum sind sie offenbar so wichtig für den Stamm, dass sie jeden niedermetzelt, der Kontakt zu den Artefakten hat? Dies und Weiteres gilt es herauszufinden, indem man abwechselnd in die Rollen eines Kopfgeldjägers und Stammeskriegers schlüpft und sich durch den wilden Westen kämpft.
Leider aber hat das Gameplay für mich zu viele Probleme, als ich mich da hätte durchringen können.
Am schnellsten abgehandelter Punkt zuerst: Grafik ist... zweckdienlich. Sieht genauso aus wie andere Indie-VR-Titel auf dem Markt. Kann man mögen oder nicht. Ich finds okay. Dass Black Trail aber eines der etwas schäbigeren Exemplare sein könnte, dürfte man allein an der schwarzen Leere außerhalb des Saloons sehen, der das Hauptmenü darstellt.
Jetzt der Shooterpart, und da fällt für mich alles zusammen. So sehr, dass ich mir denke: "Ach weißte, eigentlich könnte ich wieder Arizona Sunshine installieren."
Im Kern ist es ein simpler Arcade-Schlauchshooter mit stark eingeschränkten Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt, und ohne alternative Wege um den Erkundungsdrang und Wiederspielwert zu erhöhen. Das muss per se natürlich nichts Schlechtes sein. Manchmal habe ich das lieber, als wenn es zig Weggabelungen gibt, und dies mein OCD triggert, zusammen mit der Sorge, etwas verpassen zu können. Wenn nun die Kämpfe an sich Spaß machen, reicht das doch schon!
Tja...
Der Stammeskrieger, Weißer Adler, kämpft vornehmlich mit Äxten, die man werfen kann und unendlich am Gürtel nachspawnen. Mag ich persönlich überhaupt nicht, und so ging der Spielspaß in den Keller. Also hoffte ich, dass ich die fallengelassenen Waffen der Gegner aufnehmen kann, aber Pustekuchen. Die lösen sich gemeinsam mit den Leichen nach ein paar Sekunden ganz billig auf. Warum? Lehnt der Stammeskrieger von Vornherein Waffen der Eindringlinge ab? Weil Baum? Wurde das Spiel mit dem schwächsten Headset als Basis entwickelt, und stärkere Modelle dürfen Däumchen drehen? Habe ich da eine Einstellung in den Optionen verpasst? Wenn ja, sagt es mir bitte.
Als magisches Artefakt bekommt er eine Maske, die einen Gegner durch Wände sehen lässt, wodurch sich prima Hinterhalte und Fallen legen lassen.
Der Kopfgeldjäger dagegen benutzt Schusswaffen. So weit, so gut. Was dagegen dem Arcade-Gedanken zum Opfer gefallen ist, ist die Waffenhandhabung. So, er benutzt einen Revolver, okay? Cool! Hahn spannen, schießen, dann nach sechs Schuss schnell hinter Deckung verschwinden und ganz nervös jede einzelne Patrone nachladen, während Gegner auf die eigene Position vorrücken! Du willst schießen, aber ups, hast vergessen die Trommel zu drehen! Geil, taktisch, spannend, und nervenaufreibend zugleich!
Ja, nö.
Hahn spannen? Ist nicht. Trommel drehen? Ist nicht. Patronen einzeln nachladen? Jaein - freie Hand zur Trommel bewegen, Knopf drücken, und schon werden die Patronen automatisch (!!!) einzeln wie von Geisterhand eingeführt - die freie Hand braucht man dann nicht mehr. Man muss die Kugeln nicht mal aus dem Holster holen oder den Revolver dahin führen. Das Spiel sagt zwar, den Knopf pro Kugel zu drücken, doch das ist falsch. Ein Knopfdruck reicht, damit es von alleine alle Sechs nachlädt, und das nicht mal langsamer als "manuell"; [i]Dust & Neon[/i] this ain't! Im Grunde hat man eine stinknormale halbautomatische Pistole mit Revolver-Skin, die ein bisschen langsamer nachlädt. An dem Punkt hätte man das Spiel genauso gut ins Jahr 1912 wie Red Dead Redemption 1 verfrachten, und dem Spielercharakter eine 1911 in die Hand drücken können. Würde spieltechnisch keinen Unterschied machen, und außerdem ein interessantes Setting darstellen. Spiele, die gegen Ende der Wild West-Ära angesiedelt sind, gibt es ja nicht gerade wie Sand am Meer. Aber hey, immerhin kann man sogar Fächern, wie in den Filmen! Warum man das allerdings tun sollte, außer dem Coolness-Faktor, weiß ich nicht, weil man damit nicht wirklich schneller schießen kann als einhändig. Oh, und zweihändig zur Reduktion des Rückstoßes kann man die Knarre auch nicht halten. Stattdessen springt die andere Hand sofort zum Hahn.
Apropos Hahn: Ich finde, dass das Korn des Revolvers zu klein ist und komplett hinter Blech und Hahn verschwindet. Sieht man etwas davon, schießt man in der Regel über dem Ziel hinweg. Hatte mich schon gefragt, ob die Gegner entweder Bulletsponges sind oder ich nur scheiße ziele. Vielleicht muss ich bloß gudder getten, keine Ahnung, aber für mich fühlt sich Schießen nicht gut an. Wenn der Revolver sich dann wenigstens wuchtig anhören würde, aber nee, Luftpistole.
Sodele, wat kriegt unser Lucky Luke hier? Eine magische Uhr, die die Zeit verlangsamt. Also Bullet Time/Red Eye. Bestimmt ist das eine wichtige Ressource, die sparsam eingesetzt werden muss, oder? ODER?!?!?!?!?!?!?!?!
Well guess what! Nicht nur hat man unbegrenzte Nutzungen, sie hat auch keine Abklingzeit. Heißt, nachdem die Zeit nach ein paar Sekunden wieder normal läuft, kann man sie sofort nochmal aktivieren. Sicher, auch die eigenen Bewegungen und Schüsse werden verlangsamt - nicht aber das Nachladen. Warum? Weil Lembas. Oder nein, halt, weil man sonst ohne diese Uhr hoffnungslos von mehreren Seiten überrannt werden würde. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass sich alle Kämpfe ohne Artefakte gewinnen lassen. Aber von dem, was ich erlebt und gesehen habe, scheinen sie auf deren Benutzung zugeschnitten zu sein, sodass es ohne sie ungleich schwerer wird.
Wie von anderen Rezensenten bereits erwähnt, gibt es nur zwei Gegnertypen: Nahkämpfer die stumpf auf einen zurennen, und Fernkämpfer, die entweder stumpf hinter Deckung stehen, oder zwischen Schüssen auf den Spieler zurennen. Da steht man dann halt hinter einem Hindernis, schmeißt Äxte um sich und hofft, dass man trifft, oder ballert wild drauflos. By the way, duckt man sich auf Knopfdruck hinter Deckung, ist man nicht sicher, da immer noch der Kopf herausragt. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht spielt ihr dann lieber im Stehen und geht tief in die Hocke, so wie es empfohlen wird. Ersetzt man die Nahkämpfer durch Zombies, würde sich auch nichts ändern. Die Gegner in Arizona Sunshine waren manchmal immerhin durch Wucherungen an manchen Stellen geschützt, sodass genaues Zielen gefragt war. Nicht so hier.
Was gibt es sonst so für Waffen? Ein Repetiergewehr (Nicht benutzt), eine Gatling (Nicht benutzt), Dynamit (Nicht benutzt) und Wurfmesser (Zweimal benutzt, dann sofort zum Revolver gegriffen). Schrotflinten? Nö. Warum? Nein, wirklich, warum?
Wie man sich heilt? Nun, mit Alkohol, natürlich! Aber nur eine ganz bestimmte Sorte, alle anderen Flaschen mit einem Korken drauf haben wohl langweiliges Wasser oder so. Besagter Alkohol liegt bei Weißer Adler zudem an jeder Ecke.
(Review in den Kommentaren fortgesetzt)
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