Spielzeit:
1697 Minuten
Wir haben es hier mit einem schwierigen Fall zu tun - lange habe ich mir das Spiel "Dance of Death" aufgespart, da der erste Eindruck, den ich auf der Steam-Storepage gewann, sehr vielversprechend war und ich den richtigen Augenblick finden wollte mit dem Spiel zu beginnen.
Als es dann endlich losging war ich zugleich angetan von der hübschen Umgebung, die ich erspähte und schockiert über die Steuerung mit der ich konfrontiert wurde. Die Steuerung hatte ich mir wirklich komplett anders vorgestellt!
Mühsam, langsam und stockend, bewegen sich die Charaktere über die Bildfläche...ein verzweifelter Doppelklick um den Gang auf normales Lauftempo zu beschleunigen brachte nichts, die Charaktere bewegen sich stoisch, von der Mausklick-Orgie unberührt, im Kriechtempo über die virtuelle Bühne. Und dass mich das stört, hat schon etwas zu bedeuten, denn normal bin ich in Sachen Gehtempo ziemlich geduldig. Die Steuerung war dem Spielspaß wirklich nicht zuträglich, auch die Kollisionsabfragen lassen zu wünschen übrig...munter schieben unsere Protagonisten NPC's wie Kisten in einer Lagerhalle durch die Gegend wenn man sich ihnen nährt. Das war schon ein recht ernüchterndes Erlebnis zu Beginn des Spiels.
Außerdem bleiben Objekte des öfteren einfach während der Animation "in der Luft stecken", wie ein Brief, den man von Fey gereicht bekommt. Die gesamte Physik und Bewegungsabläufe des Spiels wirken äußerst laienhaft umgesetzt. Leider...
denn das Setting ist wirklich eine angenehme Abwechslung...
Das viktorianische Setting war überhaupt der Grund, warum mir dieses Spiel direkt ins Auge sprang...ich erhoffte mir eine Art Telltale-Adventure im viktorianischen England zu Zeiten der Morde des berüchtigten "Jack the Ripper".
Was ich bekam war etwas ganz anderes, mit Telltale-Spielen eigentlich überhaupt nicht zu Vergleichendes...mit vielen Schwächen aber auch einigen Stärken...Nachdem ich auf die große Schwäche - die Steuerung - schon eingegangen bin, will ich jetzt auch noch etwas zu den positiven Aspekten sagen.
Das Setting ist in der Tat gut gelungen, das im Spiel eingebaute Lexikon bietet diverse Informationen zu dem Leben im alten London und dem vorherrschenden Zeitgeist in der Gesellschaft. Außerdem kann man einige Details zu den tragischen Morden, die sich in dieser Zeit zugetragen haben, nachlesen und neben den realen Personen auch noch kurze Ausführungen zu den (fiktiven) "Unsterblichen" lesen, die in diesem Spiel eine Rolle spielen (die Anzahl der Unsterblichen kann man allerdings sozusagen an einer Hand abzählen).
Man selbst ist alternierend mit zwei Charakteren aus der Artus-Legende und mit Mary Jane (einer - historisch belegten - ortsansässigen Prostituierten mit einem losen walisischen Mundwerk und einer starken Willenskraft) unterwegs. Diese Charakterauswahl ist wirklich mal eine interessante Abwechslung! Es handelt sich auch nicht um typische "Heldencharaktere" sondern um Menschen mit Schwächen und vielen aufgebürdeten Sorgen. So etwas finde ich immer erfrischend im Vergleich zu der sonst servierten Standardkost. Die Beziehung der Charaktere untereinander kann man durch Dialogoptionen ein wenig in entsprechende Bahnen lenken, aber die Varianz der Möglichkeiten ist nicht sonderlich ausgeprägt. Nichtsdestotrotz kann man leichte Unterschiede im Umgang bemerken je nachdem welchen Ton man anschlägt.
Irgendwann wachsen die Charaktere einem auch etwas ans Herz, was ich zunächst nicht geglaubt habe, da auf den ersten Blick für mich keine wirklichen Sympathieträger dabei waren.
Aber irgendwas an der Interaktion zwischen den Charakteren ist sehr charmant und authentisch.
Es gibt zwar so einige Logiklücken in der Handlung des Spiels, aber es gibt ebenso viele Stimmigkeiten, an denen man gemerkt hat, dass die Entwickler die Umgangsformen der damaligen Zeit wirklich überdacht haben und einfangen wollten. Von daher will ich in der Hinsicht ein Auge zudrücken und das Entwicklerteam für die Akkuratesse loben, um die sie sich offensichtlich bemüht haben. Auch die musikalische Untermalung konnte sich sehen lassen und hat einem stellenweise wirklich bewegt...
Wenn man bedenkt, dass es sozusagen das Debüt von Salix Games war, kann man wirklich nicht zu hart ins Gericht gehen. Was hier versucht wurde ist durchaus lobenswert - das Verknüpfen von historischen Begebenheiten mit alten Sagen und Mythen war eine sehr gute Idee - der Spagat zwischen Historie und Sage wurde größtenteils gut gemeistert und den Jack the Ripper Morden wurde eine ganz neue Note verliehen.
Alles in allem ist das Spiel für Fans der arthurianischen Legenden und des viktorianischen England durchaus - mit Abstrichen - empfehlenswert. Alle anderen sollten von dem Spiel aufgrund der technischen Unausgereiftheiten vielleicht lieber absehen...Ich hoffe, dass das Entwicklerteam, falls weitere Spiele in der Planung sind, die bereits von einigen Fronten geübte Kritik an der technischen Umsetzung ernst nimmt und in Folgewerken entsprechende Verbesserungen vornimmt, denn dann könnte man wirklich auf spannende Titel hoffen, die Ideen sind ja offensichtlich vorhanden!
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