Spielzeit:
309 Minuten
"A Trip to Yugoslavia: Director's Cut" ist eine interaktive Story.
In der Schule hatten wir eine Film-AG. Dort versuchte sich ein pubertierender Haufen, lernwillig aber völlig ahnungslos, am Drehen. Alles wurde in Eigenregie gemacht, man schrieb das Drehbuch selber, spielte selber, machte Kameraführung und Schnitt selber. Die Schule stellte nur das Material und ließ die ansonsten die Zügel locker. Man suhlte sich in vermeintlicher Kreativität und hielt sich für eine Mischung aus Quentin Tarantino, Ingmar Bergman und Akira Kurosawa, ohne die letzten beiden überhaupt zu kennen. Objektiv betrachtet war das Ergebnis aber nur ein peinliches Gestolpere, das man später nicht mal seinem Partner zeigen möchte.
Auf ähnlichem Niveau bewegen wir uns hier. In "A Trip to Yugoslavia" spielen ein paar Jugendliche Krieg, nehmen das auf und meinen, sie hätten irgendetwas Erzälenswertes geschaffen. Das mag in der Ambition irgendwie sympathisch sein, das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, das das Ergebnis nichts als ein Haufen Schrott ist.
Aber worum geht es eigentlich? Jugoslawien ist auseinandergebrochen und unterschiedliche Gruppen kämpfen mit Waffengewalt um die Vorherrschaft. Wir sind Dimitri, ein Photograph, der zwischen die Fronten gerät und sich entscheiden muß, zwischen Flucht und Gefangenschaft, zwischen Kollaboration mit den Gewaltausübenden und der Gefahr, exekutiert zu werden, zwischen dem heimtückischen Mord oder dem eigenen Untergang.
Eigentlich eine spannende Setzung, die aber sofort wieder an Brisanz verliert, wenn man die äußerst naive Herangehensweise betrachtet. Absurderweise weisen die Macher zum Beispiel ausdrücklich darauf hin, daß das Spiel nichts mit den realen Ereignissen in Jugoslawien zu tun hat. Angesichts dessen, was alles passiert ist, wirkt das sehr lächerlich und unangebracht.
Spielmechanisch ist "A Trip to Yugoslavia" ein FMV, also ein Full Motion Video-Spiel. Die Szenen werden in kleinen Videoschnipseln in bewußter VHS-Qualität erzählt. Wir können die Tapes sogar vorspulen. Immer wieder kommen wir dann zu Quick-Time-Events oder textbasierten Entscheidungen, die potentiell beeinflussen, in welche Richtung die Geschichte geht und welcher Video-Schnipsel als nächstes kommt.
Nicht gerade zur Immersion tragen die gespielten Szenen bei. Die jugendlichen Protagonisten sind derart talentlos, daß sie im Schulspiel wahrscheinlich nur die stumme dritte Wache spielen dürften. Mit Schauspiel hat dieses Gestakse rein gar nichts zu tun. Und so wirken denn auch alle Szenen so, als würde Justin Bieber in seinem Vorgarten ein wenig Krieg spielen.
Das Schlimmste aber: bei einer solchen ernsten Thematik schafft der Titel es zu keinem Zeitpunkt, irgendetwas auch nur ansatzweise Relevantes zu erzählen. Es scheint ein Anti-Kriegs-Spiel sein zu wollen. Da es aber keinen Krieg zeigt, sondern nur die Vorstellung eines Zwölfjährigen von dem, was Krieg sein könnte, verfehlt der Titel sein eigenes Ziel meilenweit.
Gut gemeint ist halt oft das Gegenteil von gut gemacht. Als Schul-AG Projekt würde es durchgehen, das wirklich zu veröffentlichen und dann auch noch Geld (wenn auch nur wenig) dafür zu verlangen, grenzt schon an absolute Selbstüberschätzung.
[h1]Wertung:[/h1]
2/10 Atmosphäre
1/10 Story
5/10 Grafik
4/10 Sound
4/10 Spielmechanik
4/10 Balancing
3/10 Spielspass
[h1]Fazit:[/h1]
Justin Bieber spielt Krieg.
[h1][b]3/10 Gesamtwertung
👍 : 12 |
😃 : 1