Spielzeit:
453 Minuten
Ein wahnwitziger Trip durch die Hölle zwischen nordischer Mythologie, inneren Dämonen und technischen Tücken
TDLR:
Hellblade: Senua’s Sacrifice ist keine leichte Kost. Es ist Kunst. Es ist Wahnsinn. Es ist Schmerz in Spiel-Form – mit gelegentlichen Rucklern. Wer sich darauf einlässt, bekommt eine der intensivsten, unvergesslichsten Erfahrungen, die Videospiele zu bieten haben. Technisch nicht ganz sauber, aber atmosphärisch ein Brett.
Wertung: 9 von 10 Stimmen im Kopf.
Im Detail:
Es gibt Spiele, die sind wie ein schneller Burger beim Imbiss um die Ecke – lecker, aber schnell wieder vergessen. Und dann gibt es Hellblade: Senua’s Sacrifice. Das ist eher wie ein dreitägiger, düsterer Ayahuasca-Trip mit Björk als Reiseleiterin, während dir im Hintergrund nordische Götter ins Ohr flüstern und deine Grafikkarte um Gnade winselt.
Willkommen in Senuas Kopf. Gute Reise.
Das Spiel ist ein intensives, lineares Erlebnis, das sich nicht scheut, dorthin zu gehen, wo’s weh tut: In die tiefen Abgründe der menschlichen Psyche. Zweifel? Check. Schuld? Aber hallo. Leid, Dunkelheit und ein Sounddesign, das einem das Gefühl gibt, gleich klingelt die eigene Therapie-Hotline? Oh ja. Und mittendrin: Senua, unsere kriegerische Heldin mit emotionalem Gepäck für zehn.
Was das Spiel besonders macht, ist diese einzigartige Stimmung. Der Artstyle ist düster, mystisch, schön – wie ein Fantasy-Gemälde, das dich unruhig schlafen lässt. Die Audio-Kulisse? Ein brillantes Stimmengewitter zwischen ASMR und ausgewachsenem Nervenzusammenbruch. Spielt unbedingt mit Kopfhörern. Sonst verpasst ihr die Hälfte... und eure Mitbewohner könnten sich wundern, warum ihr plötzlich mit den Wänden sprecht.
Story und Stimme(n) – Mythologie trifft Mindfck
Die Story, kryptisch aber spannend, wird getragen von einer Kombination aus nordischer Mythologie und der langsam zerbröselnden Realität Senuas. Unterstützt wird das Ganze von einem grandiosen Cast an Voice-Actor:innen, die so viel Emotion in ihre Zeilen legen, dass man denkt, sie hätten während der Aufnahmen selbst kurz ins Jenseits geschaut.
Besonderer Moment: Der Abspann. Der Track "Illusion" von VNV Nation setzt ein – und plötzlich sitzt man da, mit Gänsehaut und einem feuchten Auge, obwohl man eigentlich nur mal kurz zocken wollte. Sprachlos. Ergriffen. Und ein bisschen verwirrt.
Gameplay – Rätsel, Kämpfe, Déjà-vus
Spielerisch erkundet man lineare Levels, löst optische Perspektivrätsel (viel mit "Dreh dich dreimal im Kreis und schau durch ein Tor") und prügelt sich in Arena-artigen Kämpfen mit finsteren Gestalten. Klingt erstmal abwechslungsreich – wird aber irgendwann so repetitiv, dass man sich fragt, ob die Entwickler ihre eigenen Level in Endlosschleife gezockt haben.
Trotzdem: Die unter zehn Stunden Spielzeit verhindern, dass man sich an der Formel überfuttert. Hellblade ist nicht hier, um deine Freizeit zu füllen. Es will dir was sagen – und dann wieder gehen. Wie ein mysteriöser Fremder in einem Arthausfilm.
Technik – zwischen Wow und Wutanfall
Grafisch beeindruckend – keine Frage. Die Welt sieht fantastisch aus, das Artdesign ist atmosphärisch dicht wie Nebel in Skandinavien. Nur leider hat jemand die Unreal Engine 4 wohl mit Kaugummi zusammengeklebt. Selbst Highend-PCs stottern sich durch die Gegend, als müssten sie die Dunkelheit in Senuas Kopf selbst verarbeiten.
DirectX12? Sieht schön aus, läuft aber wie ein kaputtes Dreirad. Selbst mit einer RTX 5090 und einem 9800X3D ist der Spielspaß nur ein ruckeliger Albtraum. Die Lösung? Zurück zu DirectX11, ein beherzter Neustart – und plötzlich läuft alles butterweich. Nur halt ohne Raytracing. Aber ganz ehrlich: Bei der miesen Implementierung ist das vielleicht sogar ein Feature.
Ach ja, und dann wären da noch die echten Videosequenzen, die sich unter die Rendergrafik mischen. Eine gewagte Idee – manchmal atmosphärisch stark, manchmal eher so Schultheater trifft Greenscreen.
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