Spielzeit:
180 Minuten
Zuerst sei gesagt, dass das Spiel trotz der Behauptungen auf der Shopseite keine wirkliche Nacktheit enthält. Die Intimstellen (Schamlippen, Scheiden oder Brustwarzen) werden auf allen Bildern durch Hände, Haare oder anderes verdeckt. Und die "explizit sexuellen Dialoge" bestehen aus ein paar zweideutigen Randbemerkungen.
Dann sollte dem Interessenten klar sein, dass diese Visual Novel gradlinieg abläuft und wirklich NUR aus dem Lesen von Text besteht. Es gibt gegen Ende zwar eine kleine Entscheidung, die der Spieler fällen darf, aber die wirkt sich bis auf ein paar Dialoge nicht weiter auf die Geschichte aus.
"Sakura Spirit" handelt vom Judokämpfer Takahiro, der kurz vor einem wichtigen Kampf in einer Parallelwelt landet, wo er auf zwei Fuchsgeister und ein paar andere Figuren trifft und Abenteuer erlebt. Das ganze hört sich spannender an, als es letztlich ist: Im ersten Drittel der circa zweistündigen Geschichte versucht Takahiro herauszufinden, wo er sich eigentlich befindet und wie er hierher kam, im zweiten albert er die meiste Zeit mit seinen vier Love Interests herum, und im letzten Drittel... nein, ich möchte ein Review schreiben, nicht die ganze Handlung spoilern.
Die Präsentation ist sehr gelungen: Dass dies ein Spiel aus Großbritannien ist, fiel mir nicht auf, bevor ich es las. Der Flair von japanischen Spielen wurde gut kopiert. Die Zeichnungen sind nett, die Musik passt eigentlich immer zur Situation. Leider versagt die inhaltliche Basis: Die Geschichte ist gespikt mit Klischees und lächerlichen Wendungen, besonders am Ende lösen sich die Probleme fast schon wie von selbst. Ein paar Dialoge sind etwas in die Länge gezogen und inhaltlich dürftig. Oft wirkt es so, als sagen die Figuren einfach etwas, um etwas zu sagen, und nicht, um die Handlung weiterzuführen, Informationen mitzuteilen oder sonst irgendetwas sinnvolles zu bewirken.
Die Charaktere setzen sich zusammen aus
- Takahiro, dem klassischen Helden, der nie zu sehen ist, der immer hilfsbereit agiert und mit dem sich der Spieler offensichtlich identifizieren soll
- einer 08/15-Tsundere
- ihrer Freundin mit leichten Minderwertigkeitskomplexen
- den beiden Fuchsgeistern, die sich ziemlich kindlich verhalten
- einer Schreingöttin, die etwas älter und reifer wirkt
- vier weiteren Geisterwesen, denen nicht einmal Ansätze von Charakteren zugestanden wird
- dem Dorfältesten, der als alter weiser Mann immer die richtigen Entscheidungen trifft und dazu da ist, die Geschichte in bestimmte Bahnen zu leiten
- ein paar Charakteren aus der realen Welt, die in den ersten zehn Minuten eingeführt, mit dem Beginn von Takahiros Reise in die Parallelwelt aber komplett fallen gelassen werden und überhaupt keine Rolle mehr spielen
Kein einziger Charakter hat auch nur ansatzweise einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Und wenn es um Charaktere geht, bin ich für gewöhnlich leicht zu beeindrucken.
Pluspunkte:
- gute Zeichnungen
- passende Musikalische Untermalung
- Steam-Sammelkarten werden unterstützt
- hervorragende Speicher- und Vorspul-Funktionen
Minuspunkte:
- belanglose Story
- Charaktere ohne jede Charaktertiefe
- zieht sich streckenweise wie Kaugummi
- Pseudo-Entscheidung, die keine Auswirkungen hat (ich habe nicht gegen lineare Visual Novels, aber wenn der Spieler schon die Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, dann sollte diese Entscheidung auch nachvollziehbare Konsequenzen haben)
- viel zu teuer (selbst im -66%-Sale für 3,39€ ist das Preis-Leistungs-Verhältnis noch fragwürdig)
Alles in allem rate ich lieber, zu den teils teueren, aber deutlich besseren Alternativen zu greifen.
👍 : 87 |
😃 : 9