Spielzeit:
360 Minuten
[b]5/10[/b]
[h1]Fängt vielversprechend an und schwächelt dann[/h1]
The Wine ist ein ein-Mann-Projekt und hat dafür natürlich erstmal Respekt verdient. Denn es ist an sich gut gemacht. Technisch gibt es z.B. nichts zu meckern, was mich am Ende nicht überzeugt, ist das Spielerische.
[h1]Story[/h1]
Auf einer Insel im Mittelmeer hat es eine Pandemie gegeben (korrekterweise müsste man noch von Epidemie sprechen). Der Protagonist fährt dorthin und sucht nach einem Heilmittel, welches durch einen bestimmten Rotwein symbolisiert wird, der in einem Familienbetrieb hergestellt wird.
Nun ist man im Verlauf des Spiels wortwörtlich auf der Suche nach der letzten intakten Flasche dieses Weins, stößt dabei auf eine Menge Nachrichten, welche die Geschichte der Winzerei, deren Angestellten und dem Ausbruch und Verlauf der Epidemie erzählen... und wie die Gesellschaft und die Regierung damit umgingen.
Damit es nicht zu langweilig wird, wird man im Verlauf des “Abenteuers“ von einem Unbekannten gejagt.
Grob gesagt lassen sich die Spielabschnitte einteilen in Winzerei (oberirdisch), Wohnviertel der Angestellten und Weinkeller.
[h1]Technik & Atmosphäre[/h1]
The Wine ist in der Unreal Engine gebaut. Ich mag diese Engine. Es sieht sofort schick aus. Man kommt im schönsten Tageslicht an und eine Weile lang ist es noch gar nicht finster - bis man immer tiefer in irgendwelche Keller eindringt und es irgendwann auch Nacht wird. Ohne zu viel zu spoilern sei erwähnt, dass es auch ein paar Mal surreale, hübsch “anders“ gemachte Gebiete zu betreten gibt.
Während man als Einzelprogrammierer in der Unreal Engine also optisch schon sofort schöne Szenarien stemmen kann, reicht es von der Kapazität her nicht aus, auch noch für eine Musikuntermalung zu sorgen. Schade.
Spielerisch nehmen im späteren Verlauf die Fluchtsequenzen zu, halten aber zum Ende hin nicht den spielerischen Motivationsbogen bzw. sorgen irgendwann nicht mehr für den reinen Unterhaltungswert.
[h1]Gameplay[/h1]
Viel hat man erstmal nicht zu tun außer erkunden und in der Gegend platzierte Nachrichten lesen (Hinweise/Vorgaben an die Bevölkerung, Zeitungen). Man bewegt sich durch die Häuser, muss manchmal auch schon ein wenig um Ecken klettern, findet die ersten Schalterrätsel. Es kommt zu ersten Jump Scares, und irgendwann taucht dieser Typ auf, der einen über den Rest des Spiels immer mal wieder jagen wird. Sowohl Wegfindung als auch Rätsel sind nie unüberwindbar verwirrend oder schwer, zumindest hatte ich keinen meiner sonst berühmten “wie verdammt geht’s denn hier weiter?“ – Momente.
Die Herausforderung besteht darin, unter Druck (weil man in diesem Moment gejagt wird) Türen zu öffnen und zu entkommen.
Manchmal muss man auch einen Schlüssel oder gar einen losen Schalter finden, der irgendwo rumliegt, sowie leichte Parcourseinlagen oder Wippenmechniken bestehen.
[h1]Warum es nicht passt[/h1]
In der ersten Hälfte des Spiels ist man beeindruckt, was eine Person hier geschaffen hat. Es ist spannend, dessen Werk zu erkunden, und es macht auch Spaß, die Mechaniken kennenzulernen.
Irgendwann fängt es aber an, ermüdend zu werden. Im späteren Verlauf haben mich folgende Dinge am meisten gestört:
Die Levelarchitektur nahm verwirrende Formen an, und zwar dahingehend, dass man immer mehr das Gefühl hatte, offene Enden geschaffen zu haben, die man dann aber hinter sich lässt. Die sonst nur mit zu suchenden Codes zu öffnende Tür wird einfach über andere Wege umgangen. Und schwupps befindet man sich in einem Wohnblock, in dem man sich auf und ab bewegt und bald nicht mehr so recht weiß, wo vorne und wo hinten ist.
Man sieht diverse unerreichbare Sammelobjekte.
Mal triggert ein Event erst beim zweiten Rundlauf/Irrlauf, vorher geht’s nicht weiter.
Alles etwas komisch.
Zum Ende hin gab es eine Jagdsequenz, die nach dem x-ten Versuch ermüdend war. Hat mich eine gute Viertelstunde gekostet... also, eigentlich eine schlechte, höhö. Auf engstem Raum wird man hin- und hergescheucht, muss aber gleichzeitig Codes finden und anwenden. Überhaupt wird das Rennen problematisch, da man nur sehr begrenzt Kondition hat und bei Übertreibung direkt so pumpt, dass man ein paar Sekunden sogar langsamer als regulär lauft. Trägt man ein Objekt (welches man zu einem Ziel bringen muss), läuft man auch in diesem Schleichtempo. Gleichzeitig wird man gejagt, muss den Gegenstand als ständig wieder ablegen, im Kreis fliehen, den Gegenstand für drei Meter wieder aufnehmen... und mit dieser Taktik fortfahren, bis man sein Ziel endlich erreicht hat. Hat einen der Verfolger in der Ecke, kommt man nicht mehr an ihm vorbei. Richtig dumm.
Man kann die Mechanik der Jagd/Flucht im Menü deaktivieren, ich finde aber, ein Entwickler sollte seine Idee konsequent umsetzen und im Rahmen der Idee einer Hetzjagd fair gestalten. Wenigstens für ein paar Sekunden sollte man den Verfolger außer Gefecht setzen oder anders austricksen können.
Man muss eigentlich nie viel Objekte suchen, trotzdem gibt es tausend Schränke und Schubladen, die man alle öffnen kann. Und weil man nunmal Zocker ist und es einfach tun muss, und weil ja doch mal was drin sein könnte, öffnet man sie alle und ist trotzdem jedesmal wieder enttäuscht. Bis man dann genau in der im vorigen Absatz beschriebenen Hetzjagd in Panik auch noch in irgendeinem Schrank sowohl Schlüssel als auch Hebel finden muss. Hmpf.
Das Anlesen der Story durch Textdokumente überall im Spiel ist irgendwann nicht mehr so spannend, zumal alles auf Englisch ist und ich leider nicht die Generation Netflix bin, die spielerisch Englisch gelernt hat und beim Übersetzen nicht mehr nachdenken muss. Wenn ich dann noch für mein überschaubares Publikum mit meinem bescheidenen Englisch auf YouTube simultan übersetzen muss, ist das dementsprechend mühsam und dauert.
Das sind selbstverständlich keine Dinge, die man einem alleinigen Entwickler vorwerfen kann. Da bestehen einfach keine Möglichkeiten für eine Lokalisierung oder gar für Cutscenes. Trotzdem ist das für mein persönliches Spielerlebnis hinderlich.
Genauso hat ein einzelner Entwickler keine Kapazität für einen Soundtrack. Wie anfangs erwähnt mangelt es komplett an einer musikalischen Begleitung. Die Stille ist auf Dauer sehr öde, zumal man in einem Horrortitel mit Musik Spannung aufbauen müsste. Wenigstens EIN einfacher, unauffälliger Track, der sich ab und zu mal steigert, wäre schon was wert.
[h1]Fazit[/h1]
So leid es mir auch tut, das Spiel negativ zu bewerten, aber den Unterhaltungsfaktor betreffend hat es meinen persönlichen Anspruch nicht erfüllt. Wer über die genannten Punkte anders denkt, kann mir gerne widersprechen und es ausprobieren.
Es ist auch als Serie mit unterschiedlichen Thematiken geplant. Die Nachfolger “The Beggar“ und “The Astronaut“ zögern sich zwar fleißig hinaus, aber wer weiß, vielleicht werden sie irgendwann besser sein als dieser Anfang.
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